Dienstag, 22. März 2011

Verfassungsentwurf von FIDESZ und KDNP 2. Teil: Grundlagen

In diesem Beitrag werden die sog. "Grundlagen" des Entwurfs der Regierungsparteien FIDESZ und KDNP für die neue ungarische Verfassung übersetzt.

von Dóra Frey, LL.M.


GRUNDLAGEN



Artikel A

Der Name unserer HEIMAT ist Ungarn.

Artikel B

(1) Ungarn ist ein unabhängiger, demokratischer Rechtsstaat.
(2) Ungarn ist eine Republik.
(3) Die Quelle der Macht ist das Volk.
(4) Das Volk übt seine Macht durch seine gewählten Vertreter, ausnahmsweise direkt aus.

Artikel C

(1) Das Funktionieren des ungarischen Staates basiert auf dem Prinzip der Gewaltenteilung.
(2) Die Tätigkeit von niemandem darf darauf abzielen, die Macht gewaltsam zu erobern, auszuüben bzw. ausschließlich auf sich zu vereinigen. Alle sind berechtigt und verpflichtet gegen solche Vorhaben auf gesetzlichem Wege vorzugehen.
(3) Zur Ausübung von Zwang für Vollstreckung des Grundgesetzes und der Rechtsnormen sind ausschließlich die Staatsorgane berechtigt.

Artikel D

Ungarn trägt geleitet durch den Gedanken der einheitlichen ungarischen Nation Verantwortung für das Schicksal der außerhalb seiner Grenzen lebenden Ungaren, fördert die Aufrechterhaltung und Entwicklung ihrer Gemeinden, unterstützt ihrer Bemühungen für die Erhalt ihrer Ungarnsein, treibt ihre Zusammenarbeit miteinander und mit Ungarn voran.

Artikel E

(1) Ungarn wirkt mit der Ziel der Vervollkommnung der Freiheit, Wohlstand und Sicherheit der europäischen Völker in der Schaffung der europäischen Einheit mit.
(2) Ungarn kann wegen der Beteiligung an der Europäischen Union als Mitgliedstaat anhand eines völkerrechtlichen Vertrages – in der Umfang wie es zur Wahrnehmung der Rechte und Erfüllung der Pflichten aus den Gründungsverträge erforderlich ist – bestimmte, aus dem Grundgesetz sich ergebende Befugnisse zusammen mit den anderen Mitgliedstaaten durch die Institutionen der Europäischen Union ausüben.
(3) Für eine Ermächtigung zur Anerkennung der verpflichtenden Wirkung eines völkerrechtlichen Vertrages gemäß Absatz (2) sind die Stimmen von Zweidritteln der Parlamentsabgeordneten erforderlich.

Artikel F

(1) Der Hauptstadt von Ungarn ist Budapest.
(2) Das Gebiet Ungarns gliedert sich ins Komitate, Städte und Gemeinden. In den Städten können Bezirke organisiert werden.

Artikel G

(1) Das Kind eines ungarischen Staatsangehörigen ist mit seiner Geburt ungarischer Staatsangehöriger. Ein Grundlagengesetz kann andere Fälle der Entstehung oder Erlangung der ungarischen Staatsangehörigkeit bestimmen.
(2) Ungarn schützt seine Staatsangehörige.
(3) Niemandem kann die mit der Geburt entstandene oder rechtmäßig erworbene ungarische Staatsangehörigkeit aberkannt werden.
(4) Die detaillierten Regelung der Staatsangehörigkeit trifft ein Grundlagengesetz.

Artikel H

(1) Die Amtssprache ist Ungarisch.
(2) Ungarn schützt die ungarische Sprache, achtet die Sprache der Nationalitäten und Volksgruppen im Lande, sowie die von anderen Nationen.

Artikel I

(1) Das Wappen von Ungarn ist ein unten zugespitzter gespaltener Schild. Sein erstes Feld ist mit Rot und Silber siebenmal durchschnitten. Im zweiten roten Feld befindet sich auf dem goldgekrönten mittleren Teil eines dreifachen Hügels ein silbernes Doppelkreuz. Auf dem Schild ruht die ungarische Heilige Krone.

[Abbildung des Wappens]

(2) Die Flagge von Ungarn besteht aus drei, gleich breiten roten, weißen und grünen waagerechten Streifen.

[Abbildung der Flagge]

(3) Die Hymne von Ungarn ist die Dichtung Himnusz von Ferenc Kölcsey mit der Musik von Ferenc Erkel.

[Note mit Text]

(4) Das Wappen und die Flagge können auch in anderen historisch herausgebildeten Formen verwendet werden. Die detaillierten Regeln über die Verwendung des Wappen und der Flagge, sowie die staatlichen Auszeichnungen werden in einem Grundlagengesetz festgelegt.

Artikel J

(1) Die Nationalfeiertage von Ungarn sind
a) der 15. März im Andenken an der Revolution und Freiheitskampf 1848-49,
b) der 20. August, im Andenken an die Staatsgründung und den Staatsgründer, den König Heiliger Stefan und
c) der 23. Oktober, im Andenken an der Revolution und Freiheitskampf 1956.
(2) Der offizielle Staatsfeiertag ist der 20. August.

Artikel K

(1) Ungarn schützt die Institution der Ehe, als auf Basis von freiwilliger Entscheidung zustande gekommene Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau und die Familie, als Grundlage der Erhaltung der Nation.
(2) Ungarn unterstützt die Eltern in ihrer Entscheidung Kinder zu bekommen.
(3) Die Schutz der Familien regelt ein Grundlagengesetz.

Artikel L

(1) Die Wirtschaft von Ungarn basiert auf der wertschaffenden Arbeit und auf der Unternehmensfreiheit.
(2) Ungarn gewährleistet die Bedingungen eines lauteren Wirtschaftswettbewerbs, tritt gegen den Missbrauch von Übermacht auf und schützt die Rechte der Verbraucher.

Artikel M

(1) Ungarn setzt das Prinzip des ausgeglichenen, transparenten und nachhaltigen budgetären Wirtschaftens durch.
(2) Für die Verwirklichung dieses Prinzips tragen das Parlament und die Regierung die primäre Verantwortung.
(3) Das Verfassungsgericht, die Gerichte, die örtlichen Selbstverwaltungen und die anderen Staatsorgane sind verpflichtet, diese Ziele bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu beachten.

Artikel N

Jeder ist nach Maßgabe seiner Fähigkeiten für sich selbst verantwortlich und ist verpflichtet nach Maßgabe seiner Möglichkeiten zur Erfüllung der staatlichen und gesellschaftlichen Aufgaben beizutragen.

Artikel O

(1) Ungarn schützt und erhält die gesunde Umwelt.
(2) Die natürlichen Ressourcen, besonders der Boden und die Trinkwasservorräte, sowie die biologische Vielfalt und die kulturellen Wert bilden das gemeinsame Erbe der Nation, deren Bewahrung für die künftigen Generationen Pflicht des Staates und von jedermann ist.
(3) Ungarn schützt die Gebärdensprache der Tauben und Stummen als Bestandteil der ungarischen Kultur.

Artikel P

(1) Ungarn strebt danach, Frieden und Sicherheit zu schaffen und zu erhalten, sowie die Zusammenarbeit mit allen Völkern und Staaten der Welt im Interesse einer nachhaltigen Entwicklung der Menschheit.
(2) Ungarn gewährleistet für die Einhaltung der völkerrechtlichen Verpflichtungen den Einklang des Völkerrechts und des nationalen Rechts.
(3) Ungarn achtet die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts. Die sonstigen Quellen des Völkerrechts werden durch Verkündung in einem Rechtsnorm Bestandteile der ungarischen Rechtsordnung.

Artikel Q

(1) Das Grundgesetz ist die Grundlage der Rechtsordnung Ungarns.
(2) Das Grundgesetz und die Rechtsnormen sind für alle verpflichtend.
(3) Die Bestimmungen des Grundgesetzes sollen im Einklang mit deren Zielen, dem in ihr enthaltenen nationalen Glaubensbekenntnis und den Errungenschaften unserer historischen Verfassung ausgelegt werden.

Artikel R

(1) Zur Annahme des Grundgesetzes oder für die Änderung des Grundgesetzes ist die Stimme von zweidrittel der Parlamentsabgeordneten erforderlich.
(2) Das Grundgesetz oder die Änderung des Grundgesetzes wird vom Präsident des Parlaments unterzeichnet und an den Staatspräsidenten zugeschickt. Der Staatspräsident unterzeichnet das Grundgesetz oder die Änderung des Grundgesetzes innerhalb von fünf Tage nach Entgegennahme und Verordnet die Verkündung in der offiziellen Zeitung.

Artikel S

(1) Eine allgemein verpflichtende Verhaltensregel darf nur eine in dem Grundgesetz ausgewiesene, durch ein über Gesetzgebungsbefugnis verfügendes Organ erlassene, im Amtsblatt verkündete Rechtsnorm festlegen. Ein Grundlagengesetz kann die Regeln für das Verkünden der Selbstverwaltungsverordnungen und der in besonderer Rechtsordnung erlassenen Rechtsnormen abweichend festlegen.
(2) Rechtsnormen sind das Gesetz, die Regierungsverordnung, die Verordnung des Nationalbankpräsidenten, die Verordnung des Ministerpräsidenten, die Ministerialverordnung, die Verordnung der Leiter von selbstständigen Regulierungsorganen und die Selbstverwaltungsverordnung. Des Weiteren sind Rechtsnormen die Verordnung des Verteidigungsrates während des Ausnahmezustandes und die während des Notstandes ausgegebene Verordnung des Staatspräsidenten.
(3) Ein Rechtsnorm kann nicht gegensätzlich zum Grundgesetz sein.
(4) Das Grundlagengesetz ist ein Gesetz, zu dessen Annahme und Änderung die Stimme von Zweidritteln der anwesenden Parlamentsabgeordneten nötig ist.


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